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Einladungskarte zur ersten gute aussichten 2014/2015 Ausstellung ins Marta Herford
Und so beginnt es immer: Die über 110 Einsendungen zu "gute aussichten 2014/2015"
Das Matterhorn von Karolin Back medial ganz neu und überraschend ...
... in Szene gesetzt
In über 160 Motive hat Katahrina Fricke 13 Wege der Bewohner von ...
... Sennestadt fotografisch inszeniert
Hier dominiert die Kraft des Visuellen: Andrea Grützners "Erbgericht"
Was von uns geht und was bleibt: Marvin Hüttermanns sensible Serie "Es ist so nicht gewesen"
Auch im Ganzkörperanzug immer voller Einsatz: Ein Motiv aus Stefanie ...
... Schroeders Film "Ein Bild abgeben"
Zwischen Hoffnung und Vorurteil: Jannis Schulze Arbeit "Quisqueya"
Kolja Warnecke folgte in seiner Arbeit den "spuren." von Bea
Zwischen gestern und heute im Hier und Jetzt: Eduard Zents "Moderne Tradition"
gute aussichten 2014/2015 Katalog

Neustadt/Weinstrasse, Dienstag, den 4. November 2014

Im elften Jahr von gute aussichten wählte die siebenköpfige Jury acht Arbeiten aus, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Zusammen umfassen sie über 300 Motive, 2 Videoprojektionen und 3 Künstlerbücher

"gute aussichten - junge deutsche fotografie // new german photography 2014/2015" - die acht Preisträger/innen und ihre Arbeiten sind dem Leben dicht auf der Spur, jedoch: "Misstrauen Sie (stets) dem unverwechselbaren Geschmack"*

*William Gibson, 2012

 

Detailed English Summary (PDF) at the end of this page - please scroll down for the download - thank you.

 

Was sehen wir? Ein aufgeschlitztes Hemd, darunter ein Brustkorb und der Bauch eines Toten, die Haut gezeichnet von der Struktur des Stoffes. Daneben das Bild einer minzgrün gefliesten Badezimmerwand, über dem Duschkopf noch die obligatorische Badehaube aus durchsichtigem Plastik. Ein großer, traditionell gekleideter Mann aus Ghana, der nagelneue Fußballschuhe in Knallblau und Neongrün an den Schnürsenkeln hält. Eine Fotografin, offenbar im kommerziellen Dauereinsatz, die u.a. in einem Film eine Fotografin spielt, dabei aber keine Fotografien macht. In Schwarz-Weiß abgelichtete Häuserfassaden, Ein- und Ausgänge, Wege, Straßen, Zäune, Garagen, Parkplätze, alles in graues Herbstlicht getaucht, auf über 160 kleinformatigen Bildern …

 

Im 11. Jahr von „gute aussichten“ beschäftigt sich die junge Generation von Fotograf/inn/en mit den grundlegenden, den existenziellen Fragen unseres Lebens: der Alltäglichkeit des Sterbens und dem, was bleibt oder mit den Toten spurlos verschwindet. Der Verwurzelung der Menschen in ihrer Tradition bzw. Herkunft und wie sie, diese Menschen, doch längst die Gadgets und Alltagsgegenstände der westlichen (Überfluss-) Gesellschaft in ihr Leben integriert haben – moderne Migration. Die Fotografie als ausübende Handlung, als Job, der zu erledigen ist, bei dem zwar ein Bild entsteht, dieses aber, wie die Fotografin selbst, zur Nebenrolle verkommt. Gleichzeitig wird damit die Kehrseite der Medaille eines langjährigen Kunststudiums sichtbar – "ein Bild abgeben" in vielerlei Hinsicht. Eine gezielte Spurensuche auf ganz alltäglichen Wegen, die  zeigt, wie aus dem, was wir in unserer täglichen Routine längst übersehen, durch Aufmerksamkeit und Perspektivwechsel etwas Sichtbares, Spürbares wird.

 

Mit anderen Worten: Die acht für "gute aussichten 2014/2015" ausgewählten Preisträger sind mit ihren Arbeiten dem Leben dicht auf Spur. Die Themen Tod, Migration, gesellschaftliche Diskriminierung, Einsamkeit, Isolation, Verzweiflung stehen Freude, Erkenntnis, Vielfalt und schöpferischer Kraft gegenüber. Mit ihren Werken fordern uns die Fotografen unverblümt heraus. Sie geben sich nicht zufrieden mit dem einfachen Ablichten. Sie sind auf der Suche nach Anzeichen, Hinweisen, nach Anklängen, Fährten, Zwischentönen. Sie zeigen die Spuren, die das Leben bei uns hinterlässt. Sie geben uns einen Geschmack davon, wie es um uns und unsere Gesellschaft bestellt ist – wie es William Gibson, der amerikanische Autor und Erfinder des „Cyberspace“, so treffend formulierte: "Misstrauen Sie (stets) dem unverwechselbaren Geschmack."

 

 

Die Einreichungen & die Jury

Exakt 115 Einreichungen aus 40 Institutionen – so viele wie noch nie – erreichten den Wettbewerb "gute aussichten - junge deutsche fotografie 2014/2015". An der Jurysitzung in Hamburg nahmen teil: Stefan Becht (Neustadt/W.), Journalist und Mitbegründer von "gute aussichten", Dr. Wibke von Bonin (Köln), Kulturjounalistin und Kunsthistorikerin, Claudia Christoffel (Bremen), freie Fotografin und "gute aussichten 2005/2006" Preisträgerin, der renommierte britische Künstler und Fotograf Paul Graham (New York City), Mario Lombardo, Art Director, Bureau Lombardo (Berlin), Josefine Raab (Neustadt/W.), Kunsthistorikerin und Gründerin von "gute aussichten" sowie Ingo Taubhorn, Kurator am Haus der Photographie, Deichtorhallen (Hamburg).

 

 

Die Preisträger/innen & ihre Arbeiten

Die acht Preisträger/innen von "gute aussichten 2014/2015" und ihre Arbeiten, wie immer, nach ABC geordnet:

 

Karolin Back // Was ist eine Sekunde, wenn neben ihr die Welt still steht? // Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main

Der Berg der Berge: das Matterhorn. Fest, starr, stark und unveränderlich, so scheint es uns. Zwischen der Schweiz und Italien gelegen, gehört das Matterhorn wegen seiner Höhe und markanten Silhouette zu den am häufigsten fotografierten Touristenattraktionen – Projektionsfläche schlechthin. Karolin Back hat den Berg und was auf bzw. um ihn herum geschieht, beobachtet, ihn in unterschiedlichem Licht entdeckt, gefilmt und fotografiert. Die mediale Umsetzung ihrer Arbeit "Was ist eine Sekunde, wenn neben ihr die Welt steht?" bringen den Berg der Berge und den Betrachter in Bewegung. Auf eine frei im Raum hängende Leinwand wird gleichzeitig auf deren Vorder- und Rückseite projiziert und der Besucher, sobald er sich dem Berg (der Leinwand) nähert, zum Bestandteil der Installation.

 

 

Katharina Fricke // Ein Tag im Oktober. Oder November. Oder Dezember. // Fachhochschule Bielefeld

13 alltägliche Wege von Bewohnern des Bielefelder Stadtteils Sennestadt hat Katharina Fricke an einem "Tag im Oktober. Oder November. Oder Dezember." mit ihrer Kamera abgeschritten. Was die achtsame Fährtensucherin dabei zutage gefördert hat, ist verblüffend: Über 160 kleinformatige, meist schwarz-weiße Bilder, die das, was wir längst nicht mehr wahrnehmen, wieder sichtbar werden lassen: Straßen, Wege, Bäume, Wälder, Häuser und ihre Fassaden. Wie Katharina Fricke das angestellt hat? Sie hat ihren Blick nicht jenem zugewandt, das wir jeden Tag (über)sehen. Sie hat „danebengeschaut“, sich dem Üblichen entzogen und dieses, wie im Vorübergehen, in ihren Fotografien eingefangen.

 


Andrea Grützner // Erbgericht // Fachhochschule Bielefeld

Ein alter Gutshof, ein Erbgericht in einem Dorf in Sachsen, eng verknüpft mit den Kindheitserinnerungen der Fotografin, wird zu deren Muse. Andrea Grützner begegnete diesen Räumen, spürte ihrer fremdvertrauten Faszination nach, suchte nach Vergangenem im Gegenwärtigen. Mit farbigen Blitzen tastete die Fotografin die Zimmer ab, ließ aus Treppenauf- und -abgängen, aus Säulen und Durchbrüchen Bilder jenseits der Räume entstehen: irritierend, auffordernd, offen, farbig, pendelnd zwischen Grafik, Malerei und Fotografie. Gänzlich transformiert offenbart uns das "Erbgericht" die Kraft des Visuellen, der offenkundig auch Andrea Grützner verfallen ist.

 

 

Marvin Hüttermann // Es ist so nicht gewesen // Fotoakademie-Köln

Was bleibt, wenn nichts mehr ist? Verschwinden wir spurlos? Was wird aus dem, was wir zurücklassen? Schlichte Fragen, denen wir ausweichen und die wir so einfach nicht beantworten können. Marvin Hüttermann hat sich mit dem Tod, den Verstorbenen und deren Hinterlassenschaften auseinandergesetzt. Dazu hat er in den Wohnungen der Toten, in Bestattungsunternehmen und im Krematorium fotografiert. Die Serie "Es ist so nicht gewesen" kombiniert in sorgsam aufeinander abgestimmten Bildpaaren, was noch da ist, mit dem, was gegangen ist.

 

 

Stefanie Schroeder // Ein Bild abgeben // Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig

Acht Jahre lang hat Stefanie Schroeder die Jobs dokumentiert, die sie neben ihrem Kunststudium ausgeübt hat. In sachlichem Tonfall, zwischen Beklemmung und absurder Komik, führt der Film "Ein Bild abgeben" vor, wozu die Fotografie im Stande ist: Sie dient als Beweis- und Anklagemittel, als Pressefoto, als leere Hülle und Camouflage, wird zum Andenken, Werbepräsent oder Bild-Brezelherz degradiert. "Ein Bild abgeben" zeigt uns Fotografieren als Handlung. Eine teilnehmende (Selbst-)Beobachtung der Fotografin, die damit offenlegt, dass Fotografie nicht nur Bilder hervorbringt, sondern auch immer von sich selbst ein Bild abgibt – in jeder Hinsicht.

 

 

Jannis Schulze // Quisqueya // Kunsthochschule Berlin – Weißensee

Die Dominikanische Republik und Haiti liegen gemeinsam auf einer geteilten Insel in der Karibik, die die Ureinwohner einst "Quisqueya", zu Deutsch „wunderbares Land“ nannten. Jannis Schulze verbrachte dort, in der Heimat seines Vaters, drei Monate – und seine Spurensuche führte ihn über die gesamte Insel. Entstanden sind Porträts und Stadtansichten, Landschaften, Schnappschüsse, Texte und Reisenotizen, die den Alltag, die Träume und Kämpfe, die Sehnsüchte, Freuden und Hoffnungen der Insulaner spürbar werden lassen. "Quisqueya" ist ein subjektiver Reisebericht und gleichzeitig ein hybrides, vielfältiges Fotoarchiv, das als Buch genauso funktioniert wie als Präsentation an der Wand – der Fotograf als Geschichtenerzähler.

 

 

Kolja Warnecke // spuren. // Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg
Sechs Monate lang folgte Kolja Warnecke mit seiner Kamera dem Leben von Bea, einer Frau mittleren Alters, die er in einem Swinger-Club kennengelernt hatte. Einmal in der Woche trafen sie sich irgendwo draußen oder in ihrer Wohnung. Warneckes Bilder sprechen von Nähe und Distanz, von Einladung und Verweigerung, von Abwehr und Bereitschaft. Allmählich fügten sich die "spuren." zusammen zu einem Bild von Trauer und Verletzung, von traumatischen Erlebnissen, dem Versuch, die Vergangenheit zu überwinden, und dem sehnsüchtigen Wunsch, ein ganz „normales“ Leben zu führen. Kolja Warnecke wagt eine visuelle Erzählung, in der viele Gesichter das Unsagbare erahnen lassen.

 

 

Eduard Zent // Moderne Tradition // Fachhochschule Bielefeld

Eduard Zent, in Russland geboren und seit seinem 14. Lebensjahr in Deutschland lebend, hat sich in das Spannungsfeld zwischen dem Gestern und Heute begeben: Wo komme ich her? Was macht mich aus? Und wie lebe ich im Hier und Jetzt? In seiner streng komponierten, malerisch anmutenden Serie "Moderne Tradition" hat Eduard Zent Menschen porträtiert, die sich zwischen den Kulturen bewegen. Ihre Herkunft wird durch ihre traditionelle Kleidung und ihre Haltung erkennbar; die Artefakte, mit denen sie sich umgeben, ja beinahe schmücken, stammen jedoch aus der modernen westlichen Gesellschaft. Was uns im ersten Moment irritiert, wird im nächsten Augenblick zum logischen Gedanken: Unabhängig von Herkunft oder Zugehörigkeit ist längst eine Kultur der Vielfalt und Offenheit entstanden, die keine Rücksicht auf Grenzen nimmt und uns durch ihre integrative Kraft überrascht.



Summa summarum präsentiert "gute aussichten – junge deutsche fotografie / new german photography 2014/2015" über 300 Motive, 2 Videoprojektionen und 3 Künstlerbücher.

 

Im elften Jahr seines Bestehens zeigt "gute aussichten 2014/2015" eine inhaltliche, ästhetische, mediale und formale Bandbreite, wie sie die junge deutsche Fotografie aktuell hervorbringt. Ein Spektrum überraschend vielfältiger Ideen, Überlegungen und fotografischer Strategien, formaler wie medialer Umsetzungen, die den lebendigen Status Quo der jungen Fotografie in Deutschland abbildet.

 

Weitere Informationen über die Preisträger/innen und ihre Werke finden Sie asap in unserem feinen Katalog und auf der Website unter ARBEITEN ----> Top acht.

 

 

Der Katalog

Zu "gute aussichten - junge deutsche fotografie / new german photography 2014/2015" wird am 21.11.2014 der gleichnamige Katalog (Deutsch/Englisch) erscheinen, herausgegeben von Stefan Becht & Josefine Raab, der die acht Preisträger und ihre Arbeiten in Wort und Bild vorstellt und in jeder Buchhandlung, in allen Web-Stores oder direkt hier info(at)guteaussichten.org erhältlich ist: 224 Seiten, ca. 330 Abbildungen, praktisches Readerformat 16,5 cm x 24 cm, broschiert, 19,95 Euro, erschienen im dpunkt Verlag, Heidelberg, ISBN 978-3-86490-226-0.

 

 

Die ersten Ausstellungen & Termine

Die Auftakt-Ausstellung von "gute aussichten - junge deutsche fotografie 2014/2015" findet am Sonntag, den 23. November 2014 um 11.30 Uhr, im Museum Marta Herford statt (bis 11. Januar 2015). Hier steht die Einladungskarte zur Eröffnung und Ausstellung als PDF für Sie bereit. Anschliessend führt uns der Ausstellungszyklus von "gute aussichten 2014/2015" nach Hamburg ins Haus der Photographie, Deichtorhallen, Hamburg, in dem am Donnerstag, 22. Januar 2015 die Eröffnung stattfindet. Die weiteren Ausstellungsstationen und Termine finden Sie asap auf unserer Website unter AUSSTELLUNGEN.

 

232 Zeilen mit max. 70 Anschlägen. Frei zum Abdruck, Beleg, Hinweis oder Link freut uns immer. Bei Fragen oder Wünschen: Stefan Becht, Telefon +49-(0)6321- 970 67 99, M. +49-(0)172- 988 64 37, stefan(at)stefanbecht.de

 

Eine Auswahl druckfähiger Fotografien der aktuellen Arbeiten und der diesjährigen Jury-Mitglieder steht Ihnen im PRESSEKIT zur Verfügung.